Die Signale kommen aus dem Dunkel

intermittierende Zeichen der Eindeutigkeit
die einfachsten Bitten um eine Hand die
aufhilft Wasser eine Decke Schwärme
von Zugvögeln stieben auf an den Rändern
kreisen über uns in der Dämmerung
vom östlichen Rand kommt die Nacht heran
und die Langsamkeit die nutzlos an einer
stillgelegten Bahnstrecke überdauert hat
ein Murmeln kommt von den Rändern
erst leise dann mit Unmut gemischt
die Ränder verwackeln die schönen
Konturen der Zäune gegen das Abendrot
die Salzsäulen derer die sich umgesehen
haben: bizzare Denkmale am Horizont
ich lege die gebügelte Wäsche in den Schrank
und schaue hinüber wo ich Bewegungen ahne
sag mir frage ich mit einer ungelenken Geste
der bügelnden Hand hast du das gesehen
dort an den Rändern die Signale aber ich hatte
nicht bemerkt dass du schon aus dem Zimmer
gegangen warst und suche dich auf dem Hof
wo noch ein Rest Licht in den Zweigen
der Espe hängt deren gelbe Blätter
einen Kreis auf dem Boden bilden einen
traumsicheren Kreis der Selbstverständlichkeit
an den Rändern des Schlafs erscheinen
Schiffe die ihre Fracht löschen wollen
und wir gehen zum Hafen um zu helfen
es sind Igel riesige Frachter mit Containern
voll Igeln die mit Kranen umgeschlagen
werden und wir beginnen hastig Hecken
zu pflanzen pausenlos zu gießen Jahre
endloser Geduld die wir vor uns liegen doch
im Mondlicht sehen wir in den Vorgärten
abertausende Schälchen mit Milch leuchten
bevor wir erschöpft in den Morgen steigen
auf die Glasfassaden im Zentrum treffen
die ersten Strahlen der Frühsonne
von den Rändern her rauschen die Bahnen
in die windigen Schächte bringen die
Leiharbeiter Zeitarbeiter Fremdarbeiter
aus den entlegenen Gegenden den
ausgeräumten Zonen in denen nur noch
die Kinder wohnen und die Untauglichen
die Wölfe und Luchse kommen von den
Rändern zurück schöne willkommene
Tiere nur die Rissgutachter drucksen herum
und die Bauern meutern aber allgemein ist
es ruhig in den Städten die Bewegungen
der Leerverkäufe und Derivate blitzen auf
und verschwinden bis eines abstürzt und
zerschellt inmitten einer Wohnung die ihre
Bewohner sich nun nicht mehr leisten
können und sie tragen noch einmal auf
von den in schweren Polentaschen
eingeschmuggelten Früchten die noch
aus den alten Samen gewachsen sind
und das Zimmer gerät ins Rutschen die
Türen und Fenster öffnen sich: sie tragen
die Wohnung in der nie einer heimisch
geworden ist weg zu den Rändern
zurück in die allumfängliche Dunkelheit
Notes:

“Die Signale kommen aus dem Dunkel” is from Wildniß by Daniela Danz (Wallstein Verlag, 2020). © Wallstein Verlag, Göttingen, 2020.

Read the English-language translation, “The signals come in from the dark,” and the translator’s note, both by Monika Cassel.

Source: Poetry (December 2023)